FERLOF ̶ das bedeutete in den meisten Kostümabteilungen Deutschlands ein Ordner, in dem die besonderen Stoffmuster aus schimmernder Seide und feinen Spitzen aufbewahrt wurden, die auf Nachfrage zugesandt wurden. Jedes Muster versehen mit den genauen Kennzeichnungen, getippt mit jener typischen kleinen Schreibmaschinenschrift.
Mit dem Tod von Frau Feiler, die Seele dieses letzten Haute Couture Stoffhandels am Kurfürstendamm in Berlin stirbt auch ein Stück des Wissens und Könnens der alten Modetradition. Die elegante, überschlanke, hoch gewachsene, alterslose Dame legte ihren Kunden das Kollektionsbuch mit den Stoffmustern auf kleinen herausnehmbaren Steckkärtchen vor. Zu jedem Kärtchen war notiert, in welchem der vielen Kartons die Rolle mit dem gewünschten Stoff in den Regalen zu finden war. Die Verhandlung über den Stoff begann mit Selbstverständlichkeit auf dem höchsten Niveau, der Kunde und Feiler mussten sich nichts erklären. Sie erstellte ihre persönlichen Kollektionen mit weichem Crêpe Satin, dem berühmten satinierten Double Taft, einem knirschenden Duchesse in den raffiniertesten Farben ̶ sie ließ die Farben nach ihren Anweisungen einfärben. Ergänzt wurde das Angebot mit den feinsten französischen Spitzen und geschmeidigen Gold- und Silberlamés, Ausbrennern und Brokaten. In Frau Feilers Stoffagentur stand die Zeit der großen Berliner Modekonfektionäre vor dem 2. Weltkrieg still und sie machte unbeirrt weiter, auch als die textile Welt sich um sie zu verändern begann. Mögen ihre Muster in den Kostümabteilungen noch lange an eine große Zeit erinnern.
Text: © Dorothea Nicolai
Dorothea Nicolai für netzwerk mode textil e.V. (online: 23.05.2019)