Körperbilder-Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften. Zur Repräsentation von Frauen in Werbung, Medien und Sport
Ingrid Moritz, Birgit Sauer, Asiye Sel: Körperbilder-Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften. Zur Repräsentation von Frauen in Werbung, Medien und Sport. Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes ÖGB, Wien 2020, 240 S.. ISBN: 9783990463802
„Vor allem Indientücher, um Hals, Stirn und Kopf gebunden, galten als Symbol der Befreiung vom kleinbürgerlichen Mief der 1950er-Jahre, ebenso waren sie ein Signal der Öffnung hin zu anderen Kulturen. Das Kopftuch wurde damals [in den 1960er und 1970er Jahren, M.K.] frei von jeglicher religiösen und politischen Bedeutung eingesetzt, frech, witzig, theatralisch und pragmatisch.“ (S. 15) Was, so kann man sich fragen, ist passiert, dass mit dem neuen Jahrtausend dieses modische Accessoire zu einem Symbol transformiert wurde, welches die Bevölkerung eines Staates dermaßen zu spalten vermag, dass sich politisch Agierende dazu veranlasst sehen, Kopftuchverbote zum Schutze von Mädchen im Volkschulalter zu erlassen?
Das von Birgit Sauer, Asiye Sel und Ingrid Moritz in Wien im Jahr 2020 im ÖGB-Verlag herausgegebene Buch „Körperbilder, Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften“ stellt sich mit dreizehn Artikeln dieser gesellschaftspolitischen Anfrage. Anlass zu dem Sammelband gab eine Tagung im Jahr 2018 in der Arbeiterkammer in Wien zur politischen Instrumentalisierung des Kopftuches. Der Sammelband erweitert diese Debatte und bettet das nunmehr als muslimisch definierte Kleidungsstück ein in einen Diskurs um Körperbilder, Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften (...). Weiterlesen... >
Text: © Monika Keller
Monika Keller für Blog Textile Anschläge (online seit 13.12.2020)
Mozarts Modewelten
Breil, Michaela; Pietsch Johannes (Hg.): Mozarts Modewelten. Beiträge zur Wahrnehmungs- und Kleidungsgeschichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ausst. Kat. Staatliches Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim). Augsburg 2020. 202 S., 124 farb. Abb., ISBN 978-3-00-063396-6
Dieser sehr informative Katalog thematisiert kenntnisreich die alltagskulturellen Bekleidungspraktiken rund um die Künstlerfamilie Mozart in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Als Quellengrundlage dienen bieten die zahlreich überlieferten Briefe der Familie Mozart, in denen vor allem Leopold Mozart feinsinnig ihre jeweiligen Lebensumstände, insbesondere auch die vestimentären Praktiken, beschreibt. Konzertreisen führten die Familie durch halb Europa. Karl Borromäus Murr legt dar, wie komplex die Verflechtung zwischen den Motiven für das außerordentlich aufwendige Reisen einerseits und die Beweggründe für das Schreiben als aufwendiges Kommunikationsmittel andererseits waren, wobei es das eine ohne das andere nicht gegeben hätte. Reisen dient der Überwindung der Fremdheit und der Relativierung der eigenen Position durch die Vernunft, einer aufklärerischen Idee, die aus den Briefen Leopold Mozarts deutlich hervortritt, auch wenn noch die engen Bindungen an die (katholische) Religion, die Tradition und vor allem auch an den herrschaftlichen Machtanspruch der Höfe deutlich zu spüren sind. Weiterlesen... Download
Text: © Dorit Köhler
Dorit Köhler für netzwerk mode textil e. V. (online seit 05.10.2020)
The Secret Life of Tartan – How a Cloth Shaped a Nation
Rae, Vixy: The Secret Life of Tartan – How a Cloth Shaped a Nation. Black & White Publishing, 2019, Edinburgh, 304 S., engl., zahlr. meist farb. Abb., ISBN 978-178530-259-6.
Der schottische Tartan ist mehr als nur ein markant karierter Wollstoff, er ist ein nationales Symbol. Ein Gespinst aus Mythen und Idealisierungen umhüllt ihn. Vixy Ray hat sich seine Entwirrung zum Ziel gesetzt. Ihre Hauptthesen lauten: Im Tartan spiegelt sich die Geschichte Schottlands wider. Er ist identitätsstiftend und schweißt die Nation zusammen. Schottentum ohne Tartan ist undenkbar. Sie zeichnet die Entwicklung des Tartan zu der Nationaltracht nach, die heute weltweit als Ausdruck schottischen Selbstbewusstseins interpretiert wird. In einer Tour d'Horizon verfolgt sie den Niederschlag des Schottenkaros in Malerei, Literatur, Populärkultur und Mode. Sie beschreibt Handelnde und Netzwerke der Tartan-Industrie und porträtiert Nachwuchs-Design-Talente. Die neunzehn Kapitel des Buches tragen als Untertitel jeweils den Namen eines Tartan. Siebzehn Interviews bringen Facettenreichtum in den Text. Die Begriffe Tartan, Kilt, Plaid und Nationaltracht werden weitgehend synonym verwendet. Weiterlesen... Download
Text: © Rose Wagner
Rose Wagner für netzwerk mode textil e.V. (online seit 22.08.2020)
Kleidungswirklichkeiten – Mode und Tracht zwischen 1780 und 1910 in Oberfranken
Bianchi-Königsstein, Meike: Kleidungswirklichkeiten – Mode und Tracht zwischen 1780 und 1910 in Oberfranken. Verlag Friedrich Pustet, 2019, Regensburg, 247 S., 337 Abb., ISBN 978-3-7917-3096-7
Die im Kontext eines Forschungsprojekts über regionaltypische Kleidung 1780-1910 in Oberfranken entstandene Dissertation von Meike Bianchi-Königsstein lässt sich in gewisser Hinsicht als gegen die aktuelle fachwissenschaftliche Debattenrichtung gerichtet charakterisieren. Diese hatte bisher die – durchaus notwendige – Dekonstruktion des Phänomens ‚Tracht‘ betrieben.
Das anders gelagerte Ziel dieser Untersuchung begründet sich mit dem Kontext des Projekts, das sich mit konkreten materiellen Sachzeugnissen befasst wie museale Kleidungssammlungen, Bildzeugnisse und Archivalien – eine Vorgehensweise, die die Verfasserin präzise in der Fachgeschichte positioniert: Es geht ihr um den Nachweis eines regionalen Kleidungsstils anhand materieller Sachzeugnisse – also eine Realienforschung im klassischen Sinne, und dabei um die Klärung des Verhältnisses von Mode und Tracht: „Wie regional ist die Kleidung“? Der zweite Teil der Dissertation untersucht die Stereotypisierung und Musealisierung der oberfränkischen Regionalkleidung. Weiterlesen... Download
Text: © Gabriele Mentges
Gabriele Mentges für netzwerk mode textil e.V. (online seit 16.06.2020)
Textile Moderne/ Textile Modernism
Dogramaci, Burcu (Hg.): Textile Moderne/Textile Modernism. Böhlau, 2019, Köln (mode global Bd. 3), 459 S., dt./engl., zahlr., meist farb. Abb., ISBN 978-3-412-51459-4.
Die Publikation Textile Moderne widmet sich den textilen Künsten als künstlerisches Experimentierfeld zwischen den 1850er- und den 1950er-Jahren. Die Texte bieten Fallbeispiele, theoriegeleitete Analysen und gattungs- wie medienübergreifende Perspektiven auf ein noch wenig erschlossenes Themenfeld. Einerseits wird dem Textilen eine spezifische Ausprägung der modernen Kunst, aufgrund Material und Technik, zugeschrieben, gleichzeitig wird durchgehend die These vertreten, dass die textile Moderne wichtiger Teil einer Kunstgeschichte der Moderne und damit Kunst unter Künsten ist.
Die Autor*innen dieses Bandes zeigen in sieben Themenbereichen ein diverses Verständnis der „textilen Moderne“, sie negieren starre Hierarchien zwischen freier und angewandter Kunst. Mode wird gleichermaßen wie textile Wandbilder oder textiltheoretische Reflexionen als künstlerischer Beitrag zur Kunst der Moderne verstanden, was sich auch in der interdisziplinären Struktur der Kapitel dieses Sammelbandes spiegelt. Weiterlesen... Download
Text: © Ingrid Gaier
Ingrid Gaier für netzwerk mode textil e.V. (online seit 16.06.2020)
Stoffwechsel – Mode zwischen Globalisierung und Transkulturalität
Barbara Schrödl/Julia Allerstorfer (Hg.): Stoffwechsel – Mode zwischen Globalisierung und Transkul-turalität. Böhlau, 2019, Wien/Köln/Weimar (mode global, Bd. 2, hg. v. B. Dogramaci), 168 S., 34 s/w-Abb., ISBN 978-3-412-50747-3
Stoffwechsel – Ein Begriff, der erst in einem zweiten Gedankengang in Zusammenhang mit Mode und Bekleidung gebracht wird, dient den Herausgeberinnen Barbara Schrödl und Julia Allerstorfer als Leitmotiv wie Titel eines Sammelbandes zu Modeforschung, welcher seine Grundlage in einer Vortragsreihe des Fachbereichs Kunstwissenschaft im Sommersemester 2015 an der Katholische Privat-Universität Linz hat.
Mag der Haupttitel möglicherweise noch irritieren, führen Untertitel und Coverbild in die intendierte Richtung. Letzteres stammt aus Susanne Bisovskys Kollektion frida II und verbindet gekonnt ‚österreichisches Heimatgefühl‘ mit den außergewöhnlichen Bekleidungspraktiken einer Ikone mexikanischer Kunst. Es ist sozusagen zum Bild gewordene Globalisierung und Transkulturalität. Ein im Buch abgedrucktes Interview der Wiener Modeschöpferin zu ihren „everlasting collections“ (141), die mit Versatzstücken unterschiedlichster Kulturen spielen und doch auch ‚traditionell‘ österreichisch rezipiert werden können, räumt mit Mythen unveränderlicher authentischer Regionaltrachten auf und betont das Wesen der Tracht als „die langsamere Schwester der Mode“(141). Weiterlesen... Download
Text: © Monika Keller
Monika Keller für netzwerk mode textil e.V. (online seit 16.06.2020)
Tracht oder Mode – Die europäische Sammlung Paul Prött im Deutschen Textilmuseum Krefeld
Paetz gen. Schieck, Annette; Fleischmann-Heck, Isa; Bergemann, Uta-Christiane: Tracht oder Mode – Die europäische Sammlung Paul Prött im Deutschen Textilmuseum Krefeld. Nünnerich-Asmus Verlag, 2018, Mainz am Rhein, 446 S., zahlr. farb. und s/w-Abb., ISBN 978-3-961760-51-0
Nach der Washingtoner Erklärung 1998 erfuhr die Provenienzforschung als moralische Pflicht und Voraussetzung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Sammlungsgut einen neuen Schwerpunkt im Museumswesen. So auch im Deutschen Textilmuseum Krefeld, das dank der Sparkassen-Kulturstiftung Krefeld die Herkunfts- und Vorbesitzergeschichte der Sammlung Paul Prött vorbildlich aufarbeiten kann. Verbunden mit dieser Recherchearbeit konnte auch ein Sammlungskatalog und damit eine Veröffentlichung des ersten Teils der Sammlung Prött verwirklicht werden.
Im einführenden Kapitel geben Anette Paetz gen. Schieck als Direktorin und Isa Fleischmann-Heck als ihre Stellvertreterin einen Überblick zur Sammlungsgeschichte des Textilmuseums ab 1880 samt ihrer wechselnden Schwerpunkte von der rein textilen Muster- und Vorbildersammlung für die Textilindustrie und -ausbildung in Krefeld bis zur Schwerpunktverlagerung ab dem 20. Jahrhundert auf vollständige Kleidung und Serien. Auch findet sich hier eine Darstellung der Umstände zum Projekt mit Hintergrundinformationen und dem Dank an das Team, an Fachkollegen und andere Häuser. Weiterlesen... Download
Text: © Thekla Weissengruber
Thekla Weissengruber für netzwerk mode texil e.V. (online seit 16.06.2020)
Structuring Fashion. Foundation Garments through History
Kammel, Frank Matthias/Pietsch, Johannes (Hg.): Structuring Fashion. Foundation Garments through History. Hirmer, 2019, München, 168 S., 120 überw. farb. Abb. ISBN 978-3-7774-3406-3
Den weiblichen Körper den jeweils vorherrschenden Modelinien nach zu formen ist unter anderem eine Aufgabe von Unterbekleidung. Jahrhundertelang waren es vor allem verschiedenste Mieder- und Reifrockformen, die Form und Sitz der Oberkleidung prägten. Welche Techniken vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert dafür Anwendung finden, und was mit den so erzeugten Silhouetten alles verhandelt werden kann, wird mit den sehr fundierten und informativen Beiträgen des Bildbandes beleuchtet. Hervorgegangen ist dieser aus einer internationalen Konferenz im Bayerischen Nationalmuseum München im September 2018.
Es wird unter anderem mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass enganliegende Kleidung per se unbequem, bewegungshemmend und steif sein muss. Thessy Schoenholzer Nichols scheute nicht vor Selbstversuchen zurück, wenn sie eine Weste aus Eleonora von Toledos Trauergarderobe aus dem 16. Jahrhundert nach ihren Maßen nachschneiderte und trug (31). Mode wird zur Auslotung von Geschlechterverhältnissen, wenn sich männliche Zeitgenossen mit dem Tragen von weit ausgreifenden Reifröcken im wahrsten Sinne des Wortes in ihrer Beschützerrolle an den Rand gedrängt fühlten. Eine mögliche ‚männliche‘ Antwort findet sich im Beitrag von Adelheid Rasche, die anonyme Flugblätter, Karikaturen und satirische Texte untersucht, in denen Frauen aufgefordert werden, Reifröcke aus moralischen oder finanziellen Gründen abzulegen. Weiterlesen ... Download
Text: © Monika Keller
Monika Keller für netzwerk mode textil e.v. (online seit 14.04.2020)
Catwalk wider den Sozialismus. Die alternative Modeszene der DDR in den 1980er Jahren.
Andrea Prause: Catwalk wider den Sozialismus. Die alternative Modeszene der DDR in den 1980er Jahren. be.bra wissenschaft verlag, 2018, Berlin-Brandenburg, 500 S., zahlr. farb. u. s/w-Abb. ISBN 978-3954102204
Wie der Titel des Buches bereits offenlegt, beschäftigt Andrea Prause sich mit der alternativen Modeszene der DDR in den 1980er-Jahren. Zur alternativen Modeszene zählt sie jene Gruppen, welche außerhalb des offiziellen, staatlich geförderten Modeschaffens tätig wurden – also fernab des Modeinstituts der DDR. Für ihre Forschungen wählte Prause einen vielfältigen Quellenzugang aus Objekten, Fotografien, Videos, Dokumenten und nicht zuletzt Interviews mit den damaligen Akteur*innen, um zu einem hermeneutischen Verstehen des Phänomens zu gelangen. Wie Prause aufzeigt, wurde die alternative Modeszene insbesondere durch die so genannte, distanzierte Generation‘ (nach Bernd Lindner), also die Generation der um 1960 Geborenen, geprägt. Die Autorin schildert einen Wertewandel Ende der 1970er-Jahre, der wesentlich mit dem Generationenwechsel zusammenhing: Die Bereitschaft zur Anpassung zugunsten kollektiver Ziele früherer Generationen wurde abgelöst durch hedonistische, materielle und individuelle Interessen. Die neue Generation habe sich dadurch ausgezeichnet, dass sie den Mangel viel stärker wahrnahm als die vorherigen Generationen und von einer besonderen Sehnsucht nach Selbstbestimmung und Authentizität getrieben wurde. In sieben exemplarischen Biografien werden einige der Protagonist*innen der alternativen Modeszene vorgestellt. Während ein Großteil ihrer Generation eher eine innere Distanzierung praktizierte, stellen die Beteiligten der alternativen Modeszene laut Prause eine Art ‚Speer-spitze‘ dieser Generation dar, welche in Subkulturen aktiv wurden und die Distanzierung vom DDR-System somit auch nach außen trugen. Das Agieren dieser Modeszene sei subversiv gewesen, indem es die bestehenden Stil-Normen angriff und unterwanderte. Weiterlesen... Download
Text: © Sarah Wassermann
Sarah Wassermann für netzwerk mode textil e.V. (online seit 29.03.2020)
Glanz und Grauen: Kulturhistorische Untersuchungen zur Mode und Bekleidung in der Zeit des Nationalsozialismus
Gottfried, Claudia; Syré, Christiane; Kraft, Kerstin; Schmidt, Martin; Schaefer, Dirk; Lerch, Caroline; Bennemann, Nils; Hörster, Kay-H.: Glanz und Grauen: Kulturhistorische Untersuchungen zur Mode und Bekleidung in der Zeit des Nationalsozialismus. TB, 417 S., zahlr. farb. und s/w Abb., LVR-Industriemuseum, Textilfabrik Cromford (Hg.), erschienen am 1. Juli 2018.
Roter Grund, schwarzes Kleid und mittig platziert der provokante Titel in großen weißen Lettern: GLANZ UND GRAUEN. Vor mir liegt der 2018 erschienene Abschlussband des 2010 begonnenen und von der Volkswagen-Stiftung geförderten Forschungsprojekts des LVR-Industriemuseums, Textilfabrik Cromford (Hg.). Die Betitelung ist genial, da sie die Ambivalenz zwischen Faszination und Erschütterung widerspiegelt, die die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus öffentlich und privat bis heute begleitet. Weiterlesen... Download
Text: © Gundula Wolter
Gundula Wolter für Österreichische Zeitschrift für Volkskunde >, erschienen in ÖZV/122, 2019, Heft 2, S. 409-412 (online bei nmt seit 01. März 2020, mit frdl. Genehmigung der Redaktion)