Rezensionen

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VER-KLEIDEN. Was wir tun, wenn wir uns anziehen

Barbara Vinken: VER-KLEIDEN. Was wir tun, wenn wir uns anziehen. Frühlingsvorlesung 2022, Reihe UNRUHE BEWAHREN, Frühlings- und Herbstvorlesungen der Akademie Graz, hrsg. Von Astrid Kury, Thomas Macho und Peter Strasser. Wien, Salzburg, Residenz Verlag, 2022. 93 S., 7 s/w Abb. ISBN 978-3-7017-3570-9.

VER KLEIDEN klein

Barbara Vinken ist eine der bekanntesten deutschen Literaturwissenschaftlerinnen, die sich mit ihrer 1994 erschienenen Monografie Mode nach der Mode. Kleid und Geist am Ende des 20. Jahrhunderts auch in dem bis dato in Deutschland sehr unterentwickelten Fach der Modetheorie einen Namen machte. Seit 2004 lehrt sie an der Ludwig-Maximilians-Universität München als Professorin für Allgemeine Literaturwissenschaft und Romanische Philologie und frönt von Zeit zu Zeit ihrer großen Leidenschaft, dem neugierigen Blick auf modisches Doing Gender. Anknüpfend an ihr letztes Buch über Mode - Angezogen. Das Geheimnis der Mode (2013) - führt sie in ihrer Frühlingsvorlesung 2022 an der Akademie Graz ihre Sicht auf die Bedeutung von Kleidermoden für Mann und Frau in Geschichte und Gegenwart weiter aus, mit dem Fokus auf Sex und Gender, neutrales Menschsein und Self-Fashioning. Weiterlesen... Download

Text: © Gundula Wolter
Gundula Wolter für netzwerk mode textil e. V. (online: 5. Februar 2023)

 

Minimalismus – Ein Reader

Heike Derwanz (Hg.): Minimalismus – Ein Reader. Transcript Verlag, Bielefeld 2022.
236 Seiten. ISBN: 978-3-8376-6076-0. E-Book (pdf): ISBN: 978-3-8376-6076-4

Buchcover Minimalismus klein

Minimalismus als angesagter Lifestyle-Trend geistert bereits seit einigen Jahren durch die Medien und man könnte meinen, das Phänomen sei bereits von allen Seiten bespiegelt und besprochen. Als Alternative zur konsumorientierten Überflussgesellschaft wirkt die Idee des Minimalismus hochmodern und wird als perfekter Gegenentwurf zu aktuellen und besorgniserregenden Keywords wie Klimawandel, Ressourcenknappheit, Konsum- und Energiekrise gehandelt. Was neben Bestsellern von Aufräum-Coach Marie Kondo und Achtsamkeits-Blogs, die allesamt mithilfe des viel beschworenen Minimalismus‘ vor allem eigene Geschäftsmodelle an den Mann beziehungsweise die Frau bringen wollten, bislang zu kurz kam, hat Prof. Dr. Heike Derwanz erkannt, Juniorprofessorin für die Vermittlung Materieller Kultur an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Ihr 236 Seiten langer Reader eröffnet erstmals die Vielschichtigkeit des Phänomens. Weiterlesen... Download

Text: © Gerlind Hector
Gerlind Hector für netzwerk mode textil e. V. (online seit 29.01.2023)

 

Red, White, and Blue on the Runway

Chrisman-Campbell, Kimberly: Red, White, and Blue on the Runway. The 1968 White House Fashion Show and the Politics of American Style. Kent State University Press, 2022, Ohio (Schriftenreihe: Cos-tume Society of America), 171 S., zahlr. s/w u. farb. Abb. ISBN 978-1606354322

red white blue Runway klein

Am 29. Februar 1968 fand die erste – und bis heute auch letzte – Modenschau im Weißen Haus statt. Gezeigt wurden rund 90 Kleidungsstücke aus aktuellen Ready-to-Wear-Kollektionen. Neben Mode-Größen wie Mollie Parnis (1899-1992), Bill Blass (1922-2002) und Geoffrey Beene (1927-2004) waren auch Nachwuchstalente vertreten. Gastgeberin war First Lady Claudia Alta Taylor Johnson, genannt Lady Bird Johnson. Die Schau wurde für die Gattinnen der Gouverneure der Bundesstaaten ausgerichtet, die sich Ende Februar zu einem Treffen mit Präsident Lyndon B. Johnson in Washington aufhielten. Hinzugebeten wurden Gattinnen von Kabinettsmitgliedern sowie die beteiligten Designerinnen und Designer. Die Veranstaltung wurde Anfang Januar 1968 offiziell angekündigt und löste ein beifälliges Medien-Echo aus. Es wurde sogar die Erwartung geäußert, dass sich die Modenschau im Amtssitz des Präsidenten zu einem wiederkehrenden Fixpunkt im amerikanischen Modekalender entwickeln würde, vergleichbar mit der New York Fashion Week und der MET-Gala. Doch dazu kam es nicht. Die Modenschau wurde ein PR-Desaster. Wie konnte es nur dazu kommen? Weiterlesen... Download

Text: © Rose Wagner
Rose Wagner für netzwerk mode textil e.V. (online seit 18.12.2022)

 

Sporting Fashion. Outdoor Girls 1800 to 1960.

Jones, Kevin L./Johnson, Christina M.: Sporting Fashion. Outdoor Girls 1800 to 1960. Fashion Institute of Design & Merchandising u. Prestel, 2021, New York u. München (Ausstellung-skatalog), 343 S., Geleitwort von Serena Williams, Fotos von Brian N. Davis u. Brian E. Sanderson. ISBN 978-3-7913-5943-4.

sporting fashion klein

Der Bildband Sporting Fashion ist die Begleitpublikation zur gleichnamigen Wanderausstellung des Fashion Institute of Design & Merchandising (FIDM), einem For-Profit-College in Los Angeles. Sie umspannt die Zeit von 1800 bis 1960 und zeigt ausschließlich Objekte aus der Sammlung des FIDM, die sämtlich aus Westeuropa und den USA stammen.
Als Ziel von Sporting Fashion nennen Kevin Jones und Christina Johnson – sie haben die Ausstellung kuratiert und den Katalog gestaltet – die Ausleuchtung des Spannungsfelds zwischen den Leistungsanforderungen einer Sportart und den sozialen und kulturellen Gegebenheiten, in denen sie ausgeübt wird. Jones und Johnson gehen von einem kollektiven Freiheitsgewinn und einer Vergrößerung des Wirkungsbereichs von Frauen durch außerhäusliche Betätigung aus.
Sporting Fashion differenziert nicht zwischen voraussetzungsvollen Sportarten und Volkssport und grenzt diese auch nicht von anderen Outdoor-Aktivitäten ab. Das erlaubt es, praktisch jede Art von Kleidung – ob sportlich oder nicht – aus der FIDM-Sammlung auszubreiten.Weiterlesen... Download

Text: © Rose Wagner
Rose Wagner für netzwerk mode textil e.V. (online seit 26. Juni 2022)

 

Wiener Chic. Mode für eine große Stadt

Bisovsky, Susanne (Hg.), Wiener Chic. Mode für eine große Stadt. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2022. ISBN 978-3-7025-1039-8

Wiener Chic klein

Flicken oder etwas Gebrauchtes nochmals zu verwenden, ist normalerweise nicht gängige Praxis in den Werkstätten berühmter zeitgenössischer Modedesigner*innen. Umso erstaunlicher ist es, dass die Wiener Kleidermacherin Susanne Bisovsky gerade mit einer solchen Praxis aufhorchen lässt, wenn sie ihren Wiener Chic kreiert. Seien es ein altes Tischtuch mit wertvoller Stickerei oder aus ritueller Kleidung wiedergewonnene Stoffe, es gibt fast nichts, was sich in ihren Händen nicht in ein ansehnliches, durchaus avantgardistisches Gewandstück verwandeln kann.
Wiener Chic – für Susanne Bisovsky heißt dies beispielsweise: Kopftuch mit Fransen, Dentelle- oder Klöppelspitzen um den Hals, Kreuzstichrosen und Doppelwellenrüschen auf miederartigem Oberteil, Blaudruckschürze über gefälteltem Rock, Rüschenunterrock und an Strickstrümpfe erinnernde Stiefel. Blättert man durch den Katalog, dann findet man genau diese Zutaten wieder, mit denen die Designerin ihre Modelle kreiert. Weiterlesen... Download

Text: @ Monika Keller
Monika Keller für netzwerk mode textil e. V. (online: 19. Juni 2022)

 

Modebilder – Kunstkleider. Fotografie, Malerei und Mode 1900 bis heute

Köhler, Thomas; Lütgens, Annelie (Hg.): Modebilder – Kunstkleider. Fotografie, Malerei und Mode 1900 bis heute. Ausst. Kat. zur Ausstellung in der Berlinischen Galerie (18. Februar bis 30. Mai 2022), Berlin; Wienand Verlag Köln, 2022. ISBN 978-3-86832-617-8.

Modebilder Katalog klein

„Don´t judge a book by its cover”. Dieses Zitat stellt Ralf Burmeister seinem Artikel Klöppelspitze und Monokel. Mode-Dada-Wechselwirkungen voran. In unserem Fall dürfte dies jedoch – im positiven Sinne – sehr wohl angesagt sein. Beim Ausstellungskatalog Modebilder-Kunstkleider gibt das Cover einen qualitativ hochwertigen Vorgeschmack darauf, was das Buch leistet. Eingeschlossen zwischen Herbert Tobias' Modeaufnahme eines radikal auf bourgeoise Weiblichkeit setzenden Frauenbildes des New Looks auf der Rückseite und Rolf Bergmanns Fotografie der Serie Run-a-ways der queeren Szene in New York am Cover, gibt der Katalog einen fundierten Einblick in die immer mehr divergierenden Geschlechterbildnisse im 20. und beginnenden 21. Jahrhundert. Wobei die Betonung auf Bildnisse liegt, ist doch ein Schwerpunkt der Ausstellung und somit auch des Katalogs auf Fotografien, Zeichnungen und Malerei von Mode, in der Ausstellung selbst ergänzt durch Originalkostüme. Viele Beiträge legen einen Fokus auf unterschiedlichste Interferenzen zwischen Mode, Kunst und der Gesellschaft mit ihrem jeweils herrschenden Zeitgeist. Weiterlesen... Download

Text: @ Monika Keller
Monika Keller für netzwerk mode textil e. V. (online: 19. Juni 2022)

 

Mode frei Haus. Die Modewelten der Quelle-Kataloge, 1954 - 1978

Korbik, Johanna: Mode frei Haus. Die Modewelten der Quelle-Kataloge, 1954 - 1978. Münster, Waxmann Verlag, 2021. 261 S. ISBN 978-3-8309-4429-4.

Mode frei Haus klein

 Das Versandhaus Quelle und Mode? Wer die alten Versandhaus-Kataloge noch kennt, wird hier zunächst stutzen. War das überhaupt wirklich „Mode“, die doch immer aktuell, flüchtig, differenzierend, sich selbst inszenierend ist? Oder nicht vielmehr die Quintessenz amodischer Bekleidung für die nachkriegsdeutsche Biederkeit? Mit ihrer Arbeit hat Johanna Korbik sich auf ein Terrain vorgewagt, das bislang weitgehend von der Wissenschaft vernachlässigt wurde. Sie bezieht sich auf einen kulturanthropologischen, umfassenden und wertfreien Modebegriff, der das Angebot der Versandhändler folgerichtig einschließt. Die zentrale Fragestellung ihrer Arbeit, die als Dissertation an der TU Dortmund entstand, lautet: „Welche Modewelten … gestaltet und vermittelt der [Quelle-] Katalog, und wie genau tut er dies?“
Der Quelle-Katalog gilt als Prototyp westdeutscher Versandhauskataloge; daneben gab es freilich auch andere große Anbieter, wie z.B. Neckermann sowie kleinere Häuser wie Baur oder Bader. Versandhäuser haben sich in Deutschland bereits im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Entwicklung einer „Konfektion“ etabliert. Nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte sich der Quelle-Versand zum wichtigsten Vertreter dieser Vertriebsform. Weiterlesen... Download

Text: © Anno Stockem
Anno Stockem für netzwerk mode textil e.V. (online seit 30.01.2022)

 

Die Nadeln des Aufstands. Eine Kulturgeschichte des Strickens.

Die Nadeln des Aufstands. Eine Kulturgeschichte des Strickens.
Schiná, Katerina: Die Nadeln des Aufstands. Eine Kulturgeschichte des Strickens. Aus dem Griechi-schen übersetzt und herausgegeben von Doris Wille. Bad Herrenalb, Edition Converso, 2021. 216 S., 21 farb. Abb. ISBN 978-3-9822252-5-8

Nadeln des Aufstands klein

Crafty bedeutet übersetzt listig oder gerissen. Sein zugehöriges Substantiv craft wiederum kann mit Geschicklichkeit bzw. Handwerk übersetzt werden. Und genau diese Geschicklichkeit bzw. dieses Können ihres Handwerks, verbunden mit der nötigen „Gerissenheit“ in der Themenzusammenstellung muss man der Autorin Katerina Schiná neidlos zugestehen.
In ihrem 2014 in Athen zuerst auf Griechisch erschienenen und seit 2021 in deutscher Übersetzung vorliegenden Buch Die Nadeln des Aufstands. Eine Kulturgeschichte des Strickens gelingt ihr eine kurzweilige und zugleich sehr informative, wissenschaftlich fundierte Darlegung des Strickhandwerkes in unterschiedlichsten Facetten. Die Autorin „verstrickt“ dabei das wollene Handwerk mit Literatur, Musik, Darstellender Kunst, Mathematik, Philosophie, Psychoanalyse und Gesellschaftspolitik, eingebettet in biografische Anekdoten. Es gelingt ihr eine kritische Auseinandersetzung sowohl mit einem rückwärtsgewandten Bild des Strickens als auch dessen esoterisch-ideologischer Überfrachtung. Männliche wie weibliche Stereotype werden aufgebrochen – beispielsweise mit den gestrickten Superhero Costumes des Künstlers Mark Newport oder mit einer rebellischen, Todeslisten strickenden Madame Defarge aus Charles Dickens‘ Eine Geschichte aus zwei Städten. Weiterlesen... Download

Text: © Monika Keller
Monika Keller für netzwerk mode textil e. V. (online: 30.01.2022)

 

Nouveautés – Kunstschule und Spitzenindustrie Plauen

Thomas A. Geisler; Kerstin Stöver; Ute Thomas: Nouveautés – Kunstschule und Spitzenindustrie Plauen. Herausgeber: Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Dresden 2020. ISBN 978-3-95498-578-4

Nouveautés sehr klein

„Nouveautés“ – als „Neuheiten“ bezeichnet der historisch bewanderte Textilkenner vor allem Spitzen, Bänder, Borten und vieles mehr. Der Begriff geht auf die ersten „Magasins de Nouveautés“ im Paris des 18. Jahrhunderts zurück, die Vorläufer der modernen Warenhäuser, die ihre Produkte erstmals mit festen Preisen versahen und hinter gläsernen Schaufenstern öffentlich ausstellten und feilboten.
„Nouveautés – Kunstschule und Spitzenindustrie in Plauen“ nennt sich passenderweise eine beeindruckende Publikation, die eine gleichnamige Ausstellung begleitet, in der es sich um die stilprägenden „Neuheiten“ der Stickerei und Spitzenindustrie des Vogtlandes dreht. Im Corona-Jahr 2021 werden nicht viele Interessierte den Weg in das nahe Dresden gelegene Schloss Pillnitz, den Ausstellungsort, gefunden haben, was überaus schade ist. Nur bis Ende Oktober 2021 waren die vielen filigranen Textilschönheiten dort zu sehen, von Ätz- über Bobinet- und Margareten- bis hin zu Zellenspitze und vielem mehr. Weiterlesen... Download

Text: © Gerlind Hector
Gerlind Hector für netzwerk mode textil e.V. (online seit 15.01.2022)

 

About Time: Fashion and Duration

Bolton, Andrew u.a.: About Time: Fashion and Duration. Ausst. Kat. The Metropolitan Museum of Art, New York. New Haven u. London, 2020. 400 S., 240 s/w Abb. ISBN 978-1588396884.

210416 abouttime klein

Im Jahr 2020 feierte das Metropolitan Museum of Art (MET) sein hundertfünfzigjähriges Bestehen. Zum Jubiläum richtete das Kostüm-Institut – eine selbständige Einheit im MET – eine Ausstellung über Vergänglichkeit und Dauer, Wiederentdeckungen und Neu-Interpretationen in der Damenmode aus. Der Katalog zur Ausstellung verknüpft tiefschürfende theoretische Überlegungen mit der visuellen Anschaulichkeit von Modefotografie und unterlegt alles mit viel Poesie. Die zentrale Aussage lautet: Modeentwicklung verläuft nicht linear. Vergangene Stile und Formen verschwinden nicht, sondern tauchen abgewandelt wieder auf. Wiederholung ist eine Konstante der Modegeschichte. Weiterlesen... Download

Text: © Rose Wagner
Rose Wagner für netzwerk mode textil e.V. (online seit 27.05.2021)