Rezensionen
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Geldkatzenwäsche. Kommentierte Neuherausgabe der Schriften Ingrid Köllers zur Didaktik textiler Sachkultur
Derwanz, Heike / Mühr, Patricia (Hg.): Geldkatzenwäsche. Kommentierte Neuherausgabe der Schriften Ingrid Köllers zur Didaktik textiler Sachkultur. Band 2 der Reihe „Vermittlung der Studien zur Materiellen Kultur“ hrsg. von Heike Derwanz, Elisabeth Eichelberger, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg 2020, 211 S., s/w und zahlr. farb. Abb., ISBN 978-3-943652-41-3 [Print], ISBN 978-3-943652-48-6 [PDF] >
Die sehr informative, kommentierte Neuherausgabe der Schriften Ingrid Köllers (1935-2002) ist das Ergebnis eines 2-jährigen Projektes an der Universität Oldenburg und wird durch zahlreiche Abbildungen illustriert. Ziel ist es, die Texte Ingrid Köllers in einem Band wieder verfügbar zu machen und in einen aktualisierten Forschungskontext zu setzen. Köller begründete als Professorin von 1985 bis 2000 an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg das Fach Textilwissenschaften und baute das Institut auf. Die Autor*innen begeben sich auf eine Spurensuche nach der Person Köllers und veranschaulichen in der Beschreibung materieller Zeugnisse Köllers pragmatisches Denken und Wirken. So wird die von der leidenschaftlichen Sammlerin begründete Sammlung an Textilien, die diese als „Materialisierung einer Systematik des Textilen“ versteht, in dem Beitrag von Carolin Krämer als „Lehr- und Forschungsressource“ dargestellt. Bastian Guong beschreibt, wie sich diese Sammlung im Laufe der Zeit verändert und erweitert hat. Weiterlesen... Download
Text: © Dorit Köhler
Dorit Köhler für netzwerk mode textil e. V. (online seit 13.04.2021)
Zwischen Schein und Sein. Ostdeutsche Modegrafik 1960-1990
Lindner, Ute (Hg.): Zwischen Schein und Sein. Ostdeutsche Modegrafik 1960-1990. 239 S., 200 farb. Abb. Leipzig, Lehmstedt Verlag, 2020. ISBN 978-3957971135
Mit dem Aufkommen der Modefotografie ‒ insbesondere der Farbfotografie ‒ verlor die Modegrafik zunehmend an Bedeutung. Seit den sechziger Jahren verschwand sie weitgehend aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit. Das war im Osten nicht anders als im Westen. Hinter den Kulissen von Modezeitungen und Produktionsstätten spielte sie in Form von Entwurfszeichnungen und Trendskizzen allerdings weiterhin eine Rolle, wenn auch keine tragende mehr.
Der auf ostdeutsche Themen spezialisierte Lehmstedt Verlag legt jetzt einen opulenten Bildband mit 200 handgezeichneten Entwurfsskizzen und Modeillustrationen aus der Zeit von 1960 bis 1990 vor. Das ästhetische und zeichentechnische Spektrum ist breit. Es handelt sich um Auftragswerke sowie um freie Arbeiten von 35 „Modegestaltern“ – wie die Designerinnen und Designer in der DDR genannt wurden. Die meisten „Gestalter“ waren Frauen. Weiterlesen... Download
Text: © Rose Wagner
Rose Wagner für netzwerk mode textil e.V. (online seit 13.04.2021)
Karl Lagerfeld. Ein Deutscher in Paris.
Kaiser, Alfons: Karl Lagerfeld. Ein Deutscher in Paris. Biographie. München, Verlag C.H. Beck, 2020. 383 S., 58 s/w Abb. ISBN 978-3-406-75630-6.
Sechseinhalb Jahrzehnte lang war Karl Lagerfeld (1933-2019) modisch tätig. Seine Produktivität war schwindelerregend. Er war Kreativdirektor mehrerer Modehäuser und arbeitete für eine kaum übersehbare Reihe weiterer Auftraggeber. Selbstironisch kommentierte er: „Mein Name ist Labelfeld“ (S. 152).
Er suchte die große Bühne, schützte jedoch sein Privatleben. Wesentliche Lebensdaten hielt er geheim und erfand fiktive Identitäten. Er wollte alles unter Kontrolle halten, auch sein Bild in der Öffentlichkeit. Mit Brille und Zopf modellierte er sein eigenes Profil zum Markenzeichen. Er gefiel sich in der Pose eines Rockstars, umgeben von einer Entourage junger und schöner Menschen. Dann wieder gab er sich als überkandidelter Dandy mit einer Birmakatze im Arm. Seinen Weltruhm verdankte er nicht zuletzt seinen effektvoll inszenierten Auftritten.
Mit seiner akribisch recherchierten Biographie will Alfons Kaiser zum Kern von Lagerfelds Persönlichkeit vordringen und hinter die Schichten der „Selbstmythisierung“ (S. 13) blicken. Kaiser ist bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für das Ressort „Deutschland und die Welt“ sowie das monatliche Stil-Magazin verantwortlich und kennt sich in der Modeszene aus. Mit Lagerfeld war er lange bekannt.
Das Besondere an Kaisers Biographie ist der Bezug auf das „Deutsche“ an Lagerfeld: seine Herkunft und vor allem sein Arbeitsethos und seine rigorose Disziplin. Die Wurzeln dieser Wesensmerkmale sieht Kaiser im Familienhintergrund, einer Mischung aus hanseatischem Kaufmannsgeist und preußischem Beamtentum. Im „Dritten Reich“ waren die Eltern Lagerfelds in der NSDAP. Weiterlesen... Download
Text: © Rose Wagner
Rose Wagner für netzwerk mode textil e.V. (online seit 26.02.2021)
The Rose in Fashion: Ravishing
De la Haye, Amy u.a.: The Rose in Fashion: Ravishing. Yale University Press, 2020, 240 S., 228 farb. und 38 s/w Abb. ISBN 978-0-300-250084-0HB.
Amy de la Haye und ihre Mitautor*innen Jonathan Faiers, Colleen Hill, Mairi MacKenzie und Geoffrey Munn beleuchten, wie die Kombination von Mode und Rose provoziert, visionäre Modebilder generiert und Gefühle vermittelt und beflügelt. De la Haye ist Professorin für Dress History & Curatorship am London College of Fashion, University of the Arts in London; das Buch erschien anlässlich einer Ausstellung am Museum des Fashion Institute of Technology, New York, die – bedingt durch Corona – auf Anfang 2021 verschoben wurde.
Wie sehr die Rose tatsächlich das Bild der Mode seit dem achtzehnten Jahrhundert mitgeprägt hat, wird an Hand der materialreichen Sammlung mit über 250 Abbildungen deutlich. Hier liegt nicht nur ein Coffee Table Book vor, sondern ein in jeder Hinsicht gehaltvoller Streifzug durch die an Ambivalenzen reiche Ikonographie und Symbolik der Rose bis in das einundzwanzigste Jahrhundert. Amy de la Haye gelingt es auch durch die sinnliche und lei-denschaftliche Herangehensweise an das Thema aufzuzeigen und zu hinterfragen, wie und wodurch die Rose unser Äußeres, unsere Kleidungsvorstellungen, Gefühle und Phantasien beeinflusst hat und vor allem immer noch beeinflusst. So wird Alexander McQueen zum „Fashion´s Rosarion“, dessen Label über seinen frühen Tod hinaus durch seine Vertraute und ehemalige Mitarbeiterin, Sarah Burton, auf Rosen wandert. Weiterlesen... Download
Text: © Ursula Graf
Ursula Graf für netzwerk mode textil e.V. (online seit 06.02.2021)
Körperbilder-Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften. Zur Repräsentation von Frauen in Werbung, Medien und Sport
Ingrid Moritz, Birgit Sauer, Asiye Sel: Körperbilder-Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften. Zur Repräsentation von Frauen in Werbung, Medien und Sport. Verlag des Österreichischen Gewerkschaftsbundes ÖGB, Wien 2020, 240 S.. ISBN: 9783990463802
„Vor allem Indientücher, um Hals, Stirn und Kopf gebunden, galten als Symbol der Befreiung vom kleinbürgerlichen Mief der 1950er-Jahre, ebenso waren sie ein Signal der Öffnung hin zu anderen Kulturen. Das Kopftuch wurde damals [in den 1960er und 1970er Jahren, M.K.] frei von jeglicher religiösen und politischen Bedeutung eingesetzt, frech, witzig, theatralisch und pragmatisch.“ (S. 15) Was, so kann man sich fragen, ist passiert, dass mit dem neuen Jahrtausend dieses modische Accessoire zu einem Symbol transformiert wurde, welches die Bevölkerung eines Staates dermaßen zu spalten vermag, dass sich politisch Agierende dazu veranlasst sehen, Kopftuchverbote zum Schutze von Mädchen im Volkschulalter zu erlassen?
Das von Birgit Sauer, Asiye Sel und Ingrid Moritz in Wien im Jahr 2020 im ÖGB-Verlag herausgegebene Buch „Körperbilder, Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften“ stellt sich mit dreizehn Artikeln dieser gesellschaftspolitischen Anfrage. Anlass zu dem Sammelband gab eine Tagung im Jahr 2018 in der Arbeiterkammer in Wien zur politischen Instrumentalisierung des Kopftuches. Der Sammelband erweitert diese Debatte und bettet das nunmehr als muslimisch definierte Kleidungsstück ein in einen Diskurs um Körperbilder, Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften (...). Weiterlesen... >
Text: © Monika Keller
Monika Keller für Blog Textile Anschläge (online seit 13.12.2020)
Mozarts Modewelten
Breil, Michaela; Pietsch Johannes (Hg.): Mozarts Modewelten. Beiträge zur Wahrnehmungs- und Kleidungsgeschichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Ausst. Kat. Staatliches Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim). Augsburg 2020. 202 S., 124 farb. Abb., ISBN 978-3-00-063396-6
Dieser sehr informative Katalog thematisiert kenntnisreich die alltagskulturellen Bekleidungspraktiken rund um die Künstlerfamilie Mozart in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Als Quellengrundlage dienen bieten die zahlreich überlieferten Briefe der Familie Mozart, in denen vor allem Leopold Mozart feinsinnig ihre jeweiligen Lebensumstände, insbesondere auch die vestimentären Praktiken, beschreibt. Konzertreisen führten die Familie durch halb Europa. Karl Borromäus Murr legt dar, wie komplex die Verflechtung zwischen den Motiven für das außerordentlich aufwendige Reisen einerseits und die Beweggründe für das Schreiben als aufwendiges Kommunikationsmittel andererseits waren, wobei es das eine ohne das andere nicht gegeben hätte. Reisen dient der Überwindung der Fremdheit und der Relativierung der eigenen Position durch die Vernunft, einer aufklärerischen Idee, die aus den Briefen Leopold Mozarts deutlich hervortritt, auch wenn noch die engen Bindungen an die (katholische) Religion, die Tradition und vor allem auch an den herrschaftlichen Machtanspruch der Höfe deutlich zu spüren sind. Weiterlesen... Download
Text: © Dorit Köhler
Dorit Köhler für netzwerk mode textil e. V. (online seit 05.10.2020)
The Secret Life of Tartan – How a Cloth Shaped a Nation
Rae, Vixy: The Secret Life of Tartan – How a Cloth Shaped a Nation. Black & White Publishing, 2019, Edinburgh, 304 S., engl., zahlr. meist farb. Abb., ISBN 978-178530-259-6.
Der schottische Tartan ist mehr als nur ein markant karierter Wollstoff, er ist ein nationales Symbol. Ein Gespinst aus Mythen und Idealisierungen umhüllt ihn. Vixy Ray hat sich seine Entwirrung zum Ziel gesetzt. Ihre Hauptthesen lauten: Im Tartan spiegelt sich die Geschichte Schottlands wider. Er ist identitätsstiftend und schweißt die Nation zusammen. Schottentum ohne Tartan ist undenkbar. Sie zeichnet die Entwicklung des Tartan zu der Nationaltracht nach, die heute weltweit als Ausdruck schottischen Selbstbewusstseins interpretiert wird. In einer Tour d'Horizon verfolgt sie den Niederschlag des Schottenkaros in Malerei, Literatur, Populärkultur und Mode. Sie beschreibt Handelnde und Netzwerke der Tartan-Industrie und porträtiert Nachwuchs-Design-Talente. Die neunzehn Kapitel des Buches tragen als Untertitel jeweils den Namen eines Tartan. Siebzehn Interviews bringen Facettenreichtum in den Text. Die Begriffe Tartan, Kilt, Plaid und Nationaltracht werden weitgehend synonym verwendet. Weiterlesen... Download
Text: © Rose Wagner
Rose Wagner für netzwerk mode textil e.V. (online seit 22.08.2020)
Kleidungswirklichkeiten – Mode und Tracht zwischen 1780 und 1910 in Oberfranken
Bianchi-Königsstein, Meike: Kleidungswirklichkeiten – Mode und Tracht zwischen 1780 und 1910 in Oberfranken. Verlag Friedrich Pustet, 2019, Regensburg, 247 S., 337 Abb., ISBN 978-3-7917-3096-7
Die im Kontext eines Forschungsprojekts über regionaltypische Kleidung 1780-1910 in Oberfranken entstandene Dissertation von Meike Bianchi-Königsstein lässt sich in gewisser Hinsicht als gegen die aktuelle fachwissenschaftliche Debattenrichtung gerichtet charakterisieren. Diese hatte bisher die – durchaus notwendige – Dekonstruktion des Phänomens ‚Tracht‘ betrieben.
Das anders gelagerte Ziel dieser Untersuchung begründet sich mit dem Kontext des Projekts, das sich mit konkreten materiellen Sachzeugnissen befasst wie museale Kleidungssammlungen, Bildzeugnisse und Archivalien – eine Vorgehensweise, die die Verfasserin präzise in der Fachgeschichte positioniert: Es geht ihr um den Nachweis eines regionalen Kleidungsstils anhand materieller Sachzeugnisse – also eine Realienforschung im klassischen Sinne, und dabei um die Klärung des Verhältnisses von Mode und Tracht: „Wie regional ist die Kleidung“? Der zweite Teil der Dissertation untersucht die Stereotypisierung und Musealisierung der oberfränkischen Regionalkleidung. Weiterlesen... Download
Text: © Gabriele Mentges
Gabriele Mentges für netzwerk mode textil e.V. (online seit 16.06.2020)
Textile Moderne/ Textile Modernism
Dogramaci, Burcu (Hg.): Textile Moderne/Textile Modernism. Böhlau, 2019, Köln (mode global Bd. 3), 459 S., dt./engl., zahlr., meist farb. Abb., ISBN 978-3-412-51459-4.
Die Publikation Textile Moderne widmet sich den textilen Künsten als künstlerisches Experimentierfeld zwischen den 1850er- und den 1950er-Jahren. Die Texte bieten Fallbeispiele, theoriegeleitete Analysen und gattungs- wie medienübergreifende Perspektiven auf ein noch wenig erschlossenes Themenfeld. Einerseits wird dem Textilen eine spezifische Ausprägung der modernen Kunst, aufgrund Material und Technik, zugeschrieben, gleichzeitig wird durchgehend die These vertreten, dass die textile Moderne wichtiger Teil einer Kunstgeschichte der Moderne und damit Kunst unter Künsten ist.
Die Autor*innen dieses Bandes zeigen in sieben Themenbereichen ein diverses Verständnis der „textilen Moderne“, sie negieren starre Hierarchien zwischen freier und angewandter Kunst. Mode wird gleichermaßen wie textile Wandbilder oder textiltheoretische Reflexionen als künstlerischer Beitrag zur Kunst der Moderne verstanden, was sich auch in der interdisziplinären Struktur der Kapitel dieses Sammelbandes spiegelt. Weiterlesen... Download
Text: © Ingrid Gaier
Ingrid Gaier für netzwerk mode textil e.V. (online seit 16.06.2020)
Stoffwechsel – Mode zwischen Globalisierung und Transkulturalität
Barbara Schrödl/Julia Allerstorfer (Hg.): Stoffwechsel – Mode zwischen Globalisierung und Transkul-turalität. Böhlau, 2019, Wien/Köln/Weimar (mode global, Bd. 2, hg. v. B. Dogramaci), 168 S., 34 s/w-Abb., ISBN 978-3-412-50747-3
Stoffwechsel – Ein Begriff, der erst in einem zweiten Gedankengang in Zusammenhang mit Mode und Bekleidung gebracht wird, dient den Herausgeberinnen Barbara Schrödl und Julia Allerstorfer als Leitmotiv wie Titel eines Sammelbandes zu Modeforschung, welcher seine Grundlage in einer Vortragsreihe des Fachbereichs Kunstwissenschaft im Sommersemester 2015 an der Katholische Privat-Universität Linz hat.
Mag der Haupttitel möglicherweise noch irritieren, führen Untertitel und Coverbild in die intendierte Richtung. Letzteres stammt aus Susanne Bisovskys Kollektion frida II und verbindet gekonnt ‚österreichisches Heimatgefühl‘ mit den außergewöhnlichen Bekleidungspraktiken einer Ikone mexikanischer Kunst. Es ist sozusagen zum Bild gewordene Globalisierung und Transkulturalität. Ein im Buch abgedrucktes Interview der Wiener Modeschöpferin zu ihren „everlasting collections“ (141), die mit Versatzstücken unterschiedlichster Kulturen spielen und doch auch ‚traditionell‘ österreichisch rezipiert werden können, räumt mit Mythen unveränderlicher authentischer Regionaltrachten auf und betont das Wesen der Tracht als „die langsamere Schwester der Mode“(141). Weiterlesen... Download
Text: © Monika Keller
Monika Keller für netzwerk mode textil e.V. (online seit 16.06.2020)